Am Samstag, den 1. Oktober war es mal wieder so weit! Wir waren gemeinsam mit einer Gruppe von Nachhaltigkeits-Interessierten und unseren Rädern auf Tour durch Münsters Norden und haben einige unserer Netzwerkpartner:innen und ihre tollen Projekte besucht.
Am Frühstückstisch fragten wir uns noch, ob überhaupt ein Mensch zur Radtour kommen würden – da regnete es nämlich in Strömen und auch der Wetterbericht sagte keine Besserung vorher. Doch überraschenderweise waren wir an unserem Treffpunkt beim ADFC in der Dortmunder Straße 19 nicht alleine, und kurz vor unserem ersten Stop – dem Kulturquartier in der Rudolf-Diesel-Straße – kämpfte sich dann sogar die Sonne durch die Wolken.
Am Kulturquartier empfingen uns Thomas Grollmus und Rainer Kossow, die ehrenamtlichen Geschäftsführer der 2015 gegründeten GmbH. Sie führten uns durch die Räumlichkeiten des größtenteils aus recycelten oder nicht mehr gebrauchten Baumaterialien errichteten Gebäudes und das Außengelände mit Gemüsegarten und Teich. Das Kulturquartier ist als Ort für frei schaffende Musiker:innen entstanden mit dem Ziel, kostengünstig Proben- und Konzerträume anzubieten. Komplett privat und durch Spenden finanziert kann sich hier jede:r einen Raum für Klaverstunde, Chorprobe oder Yogasession mieten. Wenn das komplett ehrenamtlich getragene Projekt in ein paar Jahren ausfinanziert ist, möchten die Aktiven es an die nächste Generation weiter verschenken. Wer das Kulturqurtier und dessen Ziele Musik, Ökologie und Entwicklung unterstützen möchte, kann dem Projekt jederzeit Geld schenken oder mit Muskelkraft zur Hilfe kommen.
Nach dieser beeindruckenden Vorstellung radelten wir weiter in Richtung Rieselfelder. Vorbei an der Biologischen Station, großen und kleinen Teichen, Feucht- und Streuobstwiesen mit dem Ziel Rieselfeldhof. Der Rieselfeldhof wird heute als Informations- und Seminarzentrum genutzt, sonntags erwartet dort die Besucher:innen eine kleine Ausstellung über die Landschaftsgeschichte der Rieselfelder sowie jederzeit geöffnet ein kleiner Naturlehrpfad. Im vorderen Teil des Hofes befindet sich die Gaststätte „Heidekrug“, ein familiengeführtes Restaurant, das die Besucher:innen zum Verweilen einlädt und sie mit Speisen und Getränken bevorzugt regionaler Herkunft und in Bio- und Fairtrade-Qualität verwöhnt.
Die Rieselfelder selbst sind ein über 4 km² großes europäisches Vogelschutzgebiet mit internationaler Bedeutung als Brut- und Rastgebiet für zahlreiche Vogelarten. Hier wurden bis Mitte der 20. Jahrhunderts die Abwässer der Stadt Münster verrieselt, bis die Kapazitäten in den 60er Jahren nicht mehr aussreichten und eine Kläranlage gebaut wurde. Dadurch drohten auch die Rieselfelder zu verschwinden – hier sollte stattdessen ein Industriegebiet entstehen – doch eine Gruppe engagierter Umwelt- und Vogelschützer:innen konnte das verhindern. Das waren die Anfänge der Biologischen Station, die noch heute für den Schutz und Erhalt der Rieselfelder zuständig ist.
Quer durch Kinderhaus ging es dann über die Gasselstiege zurück Richtung Innenstadt. Bei Slickertann inner Schoppe wurden wir dann doch von einem Regenschauer überrascht, doch wir warteten diesen einfach in dem kleinen Inhaber-geführten Bioladen auf dem Naturland-Hof Lütke-Jüdefeld ab und erfuhren von der Verkäuferin ein paar spannende Infos über den Laden. Seit 1998 gibt es den Laden bereits, zu dem auch noch eine Filiale in der Warendorfer Straße gehört und seit einiger Zeit auch ein Lieferdienst. Im Hofladen werden auch Produkte direkt vom Hof verkauft, z.B. Kartoffeln und Kürbis, die gerade Saison haben. Lokaler geht’s nicht! Auch beim übrigen Sortiment legen die Inhaber:innen sehr viel Wert auf Regionalität und eine gute Zusammenarbeit mit den Lieferant:innen – und natürlich alles in Bio-Qualität. Ein Besuch lohnt sich!
Nächster Halt war ein weiterer kleiner aber feiner Laden – diesmal mit dem Schwerpunkt Fairer Handel: Der Weltladen La Tienda in der Frauenstraße. Hier werden zu fairen Preisen ausschließlich (haltbare) Lebensmittel, Kunsthandwerk, Bücher und andere praktische und schöne Dinge aus dem globalen Süden verkauft, die unter fairen Arbeitsbedingungen hergestellt wurden. Das bedeutet u.a.: angemessene Löhne für die Arbeiter:innen und keine Zerstörung der Umwelt durch die Produktionsbedingungen vor Ort. Die Verkäufer:innen im Laden, den es schon seit 25 Jahren gibt, arbeiten ehrenamtlich und engagieren sich darüber hinaus in der Bildungsarbeit, z.B. mit Konsumkritischen Stadtrundgängen. Alle, die mithelfen wollen, sind herzlich willkommen!
Letzter Stop: der Second-Hand-Laden „G(OLD)-Fashion-Store“ im Ratsgymnasium am Bohlweg. Der wird betrieben von Schülerinnen der Nachhaltigkeits-AG unter der Leitung von Lehrerin Christiane Sendal. Die Schülerin und Mitglied der Nachhaltigkeits-AG Emily führte uns durch den Laden und erklärte das Konzept: Schüler:innen können im Laden gebrauchte Kleidung abgeben und bekommen dafür – je nach Kleidungsstück unterschiedlich viele – G(OLD)-Nuggets, mit denen sie sich dann ein anderes Kleidungsstück ertauschen können. Die Kleidungsstücke kann man aber auch gegen Geld erwerben, die Preise überlegen sich die Mitglieder der Nachhaltigkeits-AG. Zusätzlich dazu nähen die Schülerinnen auch selbst Turnbeutel und Mäppchen aus Stoffresten mit dem Schullogo. Als Nächstes soll ein Schul-T-Shirt folgen. Das Ziel: Die Schüler:innen der Schule für das Thema Nachhaltigkeit sensibilisieren, eine Alternative zu Fast-Fashion bieten und zeigen, wie Nachhaltigkeit und schicke Kleidung zusammen geht. Übrigens: die Mitglieder der AG freuen sich über Spenden, v.a. Nähmaschinen und Stoffe, zur Zeit müssen sie sich nämlich zu zehnt drei Nähmaschinen teilen.
Und so war unsere Radtour auch schon wieder zu Ende. Vielen Dank an alle Akteur:innen, die wir besuchen durften und die uns ihre Projekte vorgestellt haben. Und danke an alle Teilnehmenden – wir hoffen, ihr habt einige neue Projekte kennengelernt und kennt nun mehr Möglichkeiten, wie ihr euch im Alltag nachhaltig engagieren könnt 🙂